Stadt unter? Schwamm drunter! Das Konzept der Schwammstadt

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Der Klimawandel ist inzwischen auch in Deutschland angekommen und macht sich in Form von Wetterextremen auf äußerst unangenehme und schädliche Weise bemerkbar. Besonders in dicht besiedelten Städten prallen Witterung und Planung entscheidend aufeinander, wenn man die konkreten Auswirkungen von Hitzewellen und Starkregenereignissen betrachtet. So führt eine enge Bebauung mit einem hohen Anteil an Bodenversiegelung dazu, dass sich Gebäude und Straßen stark aufheizen und sich sogenannte urbane Hitzeinseln bilden, bei Starkregen hingegen kommt es schnell zu überfluteten Straßen und vollgelaufenen Kellern, weil die hohe Wassermenge nicht ausreichend abfließen kann.

Mehr Klimaresilienz für Städte

Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, sich bereits in der Planung und Entwicklung auf innovative Konzepte und Maßnahmen zu besinnen, die entscheidend dazu beitragen können, die schädlichen und mitunter verheerenden Folgen von Wetterextremen für Mensch, Umwelt, Gebäude und Infrastrukturen im Vorfeld zu verhindern. Hierbei stellt die Idee der Schwammstadt ein zentrales ganzheitliches Konzept für die Verbesserung der Klimaresilienz von Städten dar. Es wirkt den Folgen beider Extreme entgegen: Wassermangel wird ebenso natürlich vorgebeugt wie Überschwemmungen.

Nach dem Vorbild der Natur

Wie der Name schon sagt, wird Stadt hier mit und nach dem Vorbild der Natur wie ein offenporiger Schwamm gestaltet, der ein Vielfaches an Menge von Wasser aufnehmen und speichern kann. In einer Schwammstadt kann das Regenwasser beispielweise auf auf natürlichem Wege über Pflanzen und Bäume verdunsten und zeitverzögert durch Sedimentierung gereinigt bis ins Grundwasser zurückgeführt werden. So wird der natürliche Wasservorrat wieder aufgefüllt. Gewässer wie Flüsse und Seen werden gespeist und die Trinkwasserversorgung verbessert sich.

Regenwasser ohne Umwege nutzbar machen

Die klimaresiliente Schwammstadt orientiert sich am natürlichen Wasserkreislauf. Nach dem Prinzip der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung wird das Niederschlagswasser möglichst dort aufgefangen, wo es anfällt und direkt dort dem Wasserkreislauf zugeführt, anstatt über das städtische Kanalsystem abgeleitet und geklärt zu werden. Urbane Bodenflächen, aber auch Dächer und Fassaden der Gebäude werden im dezentralen Regenwassermanagement einer Schwammstadt nämlich zu Auffangbecken von Niederschlagswasser.

Eine grünblaue Infrastruktur schaffen

Um das „blaue“ Element Wasser vor Ort aufzufangen, können im urbanen Raum ganz verschiedene technische und bauliche Vorrichtungen wie Rückhaltebecken, Zisternen, unterirdische Rigolen, versickerungsfähige Straßenbeläge, Gräben, Teiche und Senken passend für die lokalen Gegebenheiten umgesetzt werden. Oder man lässt bewusst innerstädtische Brachflächen bestehen und verzichtet ganz auf Versiegelung und die Nutzbarmachung solcher Flächen. Gründächer und vertikale Fassadenbegrünungen tragen ebenfalls wesentlich dazu bei, dass Regenwasser langsamer abfließt.

Grüne Superpower für die Stadt

Ergänzend dazu nimmt die Stadtbegrünung eine herausragende Bedeutung bei der Entwicklung klimaresilienter Städte und auch im gestalterischen Leitbild der Schwammstadt ein. Pflanzen und insbesondere Bäume zeigen hier einmal mehr, was sie für eine Verbesserung der klimatischen Verhältnisse von Natur aus zu leisten vermögen, sofern man ihnen den Raum gewährt, ihr volles Potential zu entfalten. Und die Schwammstadt verhilft den Bäumen und Pflanzen ganz entscheidend dazu, genau dies zu tun. Zusammen bilden sie die blauen und grünen Lebensadern des klimafreundlichen Stadtökosystems.

Klimaanlagen aus der Natur

Pflanzen und Bäume sind Meister der Verdunstung und damit der Abkühlung. Indem Sie Niederschlagswasser auf ihren Nadeln und Blättern speichern, befeuchten und kühlen sie auch die Umgebungsluft. Steht den Pflanzen also ausreichend Wasser zur Verfügung, spenden sie nicht allein Schatten an heißen Tagen, sondern tragen dazu bei, dass sich das lokale Mikroklima deutlich verbessert. Für die Aufnahmefähigkeit von Wasser und das Wachstum von Pflanzen und Bäumen ist die Bodenbeschaffenheit im Stadtraum wesentlich. Und hier kommt die Besonderheit des Konzepts Schwammstadt ins Spiel. Damit Stadtbäume ihrer Funktion als lebende Klimaanlagen gut gewachsen sind, brauchen sie große Kronen beziehungsweise ein dichtes und gesundes Nadelkleid sowie sie einen ausreichend großen Wurzelraum zur Nährstoffaufnahme, der zugleich ihre Standfestigkeit sichert. Der Boden dafür muss aufgelockert und durchlässig sein.

Die Speicherkapazitäten des Bodens erhöhen

Bei Anwendung des Schwammstadtprinzips wird für die Bäume genau so eine Standortsituation geschaffen. Dies kann auf verschiedene Weisen und an die jeweiligen lokalen Verhältnisse angepasst realisiert werden. Beispielweise durch das Einbringen von wasserspeichernden und nährstoffreichen Substraten und Schotterkörpern unterhalb von befestigten Oberflächen. Solche Unterbauten fungieren als Sedimentpassagen. Überschüssiges Wasser wird beim allmählichen Absickern in tiefere Bodenschichten gereinigt, während ausreichend Wasser im Wurzelbereich verbleibt, um für die Versorgung der Bäume und Grünanlagen in Hitze- und Trockenperioden zur Verfügung zu stehen. Wichtig ist, planerisch dafür Sorge zu tragen, dass die Bäume bei der Wasseraufnahme auch möglichst gut geschützt vor problematischen Stoffen wie zum Beispiel Streusalz sind.

Was die grünblaue Infrastruktur leisten kann

In der Schwammstadt werden also oberirdische Wasserspeicher, die durch hohe Verdunstung Abkühlung in überhitzte Städte bringen mit unterirdischen Wasserspeichern kombiniert, die die Wasserversorgung in Trockenzeiten verbessern. Je grünblauer also die Stadt, desto besser für das Stadtklima, die Biodiversität vor Ort und die Gesundheit und das Wohlbefinden all ihrer Bewohnerinnen und Bewohner.

Dezentrales Regenwassermanagement hilft Sparen

Das Konzept der Schwammstadt kann aber noch mehr. Ihr dezentrales Regenwassermanagement schützt nicht nur Bewohner, Häuser und Infrastrukturen vor sturzbachartiger Überflutung und Austrocknung, vielmehr entlastet es das städtische Abwassersystem. Und damit hilft es bei der finanziellen Entlastung der Städte und Gemeinden sowie ihrer Bewohner, die schließlich die Kosten dafür tragen. In Hamburg wird beispielweise Regenwasser auf Dächern und Straßen und in unterirdischen Speichern gesammelt und dann zur Bewässerung von Grünflächen und für die Toilettenspülung verbraucht.

Nachhaltiger Hochwasserschutz

Wenn weniger Wassermassen in kurzer Zeit in das öffentliche Kanalnetz dringen, wird es zudem später sanierungsbedürftig, da das Kanalsystem dauerhaft weniger stark belastet wird. Die Schwammstadt kann das Risiko von Überschwemmungen deutlich senken und damit zur Verhinderung tragischer Katastrophen und hoher Verluste wesentlich beitragen. Wasserschäden an Gebäuden und Infrastrukturen wiederum gehören zu den größten und teuersten Problemen im Bereich der Immobilienwirtschaft. Neben damit einhergehenden möglichen Verlusten von Vermögen, ist angesichts der Zunahme von Wetterereignissen wie Stürmen und Starkregen zu erwarten, dass auch die Prämien der Gebäudeversicherungen in diesem Zusammenhang weiter ansteigen. Insofern zahlt sich Nachhaltigkeit im Bereich der Entwicklung und Planung von Immobilien und Quartieren mehrfach und langfristig aus.

Zukunftsfähige Städte

Wie wir sehen, kommt eine zukunftsfähige Stadtentwicklung nicht ohne nachhaltiges Planen und Bauen aus. Um der Bodenversiegelung und dem Flächenverbrauch entgegenzuwirken, empfiehlt die EU bereits in ihren Leitlinien aus dem Jahr 2012 eine grüne Infrastruktur zu fördern, natürliche Wasserauffangsysteme verstärkt zu nutzen und komplett versiegelte Flächen durch wasserdurchlässige Materialen zu ersetzen. Für Konzepte und Ideen wie sie die Schwammstadt darstellt machen wir uns stark. Wir tragen mit unserer Arbeit aktiv dazu bei, Gebäude wie Quartiere klimaresilienter zu gestalten und damit vor eventuellen Schäden zu bewahren, die mit dem Klimawandel verbunden sind.

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